HERZATTACKE HISTORIE

Geschichte

1985 - 1990

Im Sommer 1985 wurde vom Ostberliner Brunnenbauer und Dichter Maximilian Barck die Künstlergruppe "Maldoror" gegründet.

Ursprungsidee war eine autonome Literatur und bildende Kunst, die angelehnt an die Jenaer Frühromantik, die klassische französische Moderne und im Besonderen durch surrealistische und expressionistische Literaturprojekte der staatlichen Kulturpolitik entgegengestellt werden sollte.

Das erste vorgestellte Projekt war die Surrealismus-Collage "Der Spiegel eines Augenblicks" mit Texten von Lautréamont, André Breton, Arthur Rimbaud und Paul Éluard, das in der damaligen DDR ausschließlich in privaten Räumen aufgeführt werden konnte.

Im Herbst 1987 folgte das zweite Surrealismusprojekt: "Lautréamont und wir", die inszenierte Lesung eines Essays von Maximilian Barck (siehe in: "Literatur- und Kunstzeitschrift HERZATTACKE", 2/1989 - Sonderheft) mit Projektionen und Live-(Akkordeon)Musik.

Im Frühjahr 1988 inszenierten der Schauspieler Kai-Uwe Barth und Maximilian Barck Oskar Panizzas Stück "Tristan und Isolde in Paris" mit Zwischentexten von Bakunin, Arthur Rimbaud und Richard Wagner, sowie im Herbst 1988 die Aufführung von "Dialoge im Geiste Huttens + Mania anarchista progressiva" nach Texten von Oskar Panizza. Bestand die Künstlergruppe „Maldoror“ ursprünglich nur aus wenigen, an den einzelnen Projekten beteiligten Protagonisten, gelang es Maximilian Barck, der inzwischen am Literaturinstitut in Leipzig studierte, Ende 1988 eine nicht unerhebliche Anzahl von Autoren, Malern und Musikern um sich versammeln, die zur Gründung der unabhängigen Künstlergruppe HERZATTACKE führte.

Alle vereinte die Beteiligung an den frühen Ausgaben der gleichnamigen Literatur und Kunstzeitschrift und die Produktion erster Kunstbücher. Die dazu notwendigen Materialien wurden über einen befreundeten und poetisch versierten Taxifahrer aus Westberlin in den Osten geschmuggelt.

Zur ersten Generation der „Herzattacke“ gehörten Maximilian Barck, Michael Würzberger, Rainer Tschernay, Mikos Meininger, Klaus Bendler, Markus Metke, Ralf Niebergall, Peter Rother, Jürgen Wellbrock, Rolf A. Burkart, Jürgen Brôcan, Jens Steinberg, Frank Siebert, Kai-Uwe Barth,und Gerald Titius.

1990 - 1999

Mit dem Ende der DDR veränderte sich auch die Ausrichtung der Gruppe. War man zunächst noch daran interessiert, sich in die Umgestaltung des zusammengebrochenen Systems einzubringen, musste man spätestens im Sommer 1990 feststellen, dass es nichts mehr umzugestalten gab.

Schier unaufhaltbar und von der breiten ostdeutschen Öffentlichkeit getragen, wurde die bundesdeutsche Schablone über das ramponierte Land gelegt. Ein Schnittmusterbogen, der an seinen durchpausbaren Stellen blühende Landschaften entwarf, die als religiöse Prophezeiung verbreitet, den Künstlern der „Herzattacke“ die neue Angriffsfläche bot für die Produktion von Wort und Bild in der gleichnamigen Zeitschrift.

Kreative Basis für die Produktion war die Scharnweberstraße 44. Die im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain befindliche Wohnung des Herausgebers, Maximilian Barck, avancierte schnell zum Szenetreff Ostdeutscher Dichter, Maler Grafiker und Freunde der Kunst. Lesungen, Musik, Partys und immer wieder künstlerische Projekte, die dann an den Außenstandorten der „Herzattacke“ Umsetzung fanden. Inzwischen vergessene Orte. Stationen, die nicht geblieben, aber noch erinnerbar sind.

War es zunächst die Pettenkofer Straße, in der Ateliers und Ausstellungsräume untergebracht waren, ging es um die Jahrtausendwende in die in Hohenschönhausen ansässige Firma Bestahl, in der, Ironisch angelehnt an den Bitterfelder Weg, Kunst und Stahlproduktion einen ganz undogmatischen Rahmen fanden.

Ausstellungen in Paris, Zürich und natürlich in den eigenen und befreundeten Berliner Galerien ergänzten das Wirken der „Herzattacke“, wobei festzustellen bleibt, dass sich neben der Literatur- und Kunstzeitschrift die Herausgabe von limitierten Künstlerbüchern zu einem zentralen Anliegen der Gruppe wurde. So entstanden allein zwischen 1989 und 2000 63 Bände, die in hoher Qualität zeitgenössische Dichtung, Fotographie und Grafik übergangslos miteinander verbanden. Den Rahmen dafür bildeten die Editionen Maldoror und Quatre en Samisdat.

Zwischen 1990 und 2000 kamen zur Herzattacke Thomas Weber, Simone Kathrin Paul, Heike Willingham, Gerd Neumann, Kai Hesselbarth, Ina Strelow, Anne Kathrin Schmidt, Pontus Carle, Annegret Gollin, Kris Wiete Wulsten, Matthias Zarbock, Andreas Rost, Karsten Hoffmann, Richard Anders, Ilona Stumpe Speer, Jürgen Brôcan, Manfred Moorskamp, Thomas Günther, Klaus Zylla, Rita Bischof, Volker Mehner, Kerstin Grimm, W.A. Scheffler, Jörg Wähner, u.a.

2000 - 2013

Mit Galerie und Werkstatt wuchs der Bekanntheitsgrad der Gruppe, die immer offen war für eine generationsübergreifende künstlerische Arbeit. So kamen mit Lothar Klünner und Richard Anders zwei Vertreter jener Berliner Avantgarde zur „Herzattacke“, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit die wichtigsten Werke französischer Surrealisten ins Deutsche übertragen hatten. Ihre umfangreichen poetischen Werke, Übersetzungen und die Korrespondenz zwischen Char, Goll, Breton, Celan, Mathe und Blanchot und der Gruppe, bildeten den Grundstock für das Literaturarchiv „Speichen“ in dem heute die Vor- und Nachlässe Berliner Autorinnen und Autoren archiviert werden.

Man könnte sie auch als Blütezeit der „Herzattacke“ bezeichnen, die ersten Jahre des neuen Jahrtausends. Der Kreis der Künstler wurde größer. Ausstellungen (u.a. im Bundeskanzleramt), die Produktion von Künstlerbüchern und die Herausgabe der Zeitschrift erfolgten in einer hohen Schlagzahl. Man traf sich in der Scharnweber 44, Freundschaften wurden gepflegt oder gingen auseinander. Einen Grund zum Feiern aber gab es immer.

Auch wenn die Last der Organisation, die Planung und Umsetzung der Projekte fast ausschließlich von Maximilian Barck getragen wurde, war er immer der erste, wenn es darum ging, neue Konzepte ins Leben zu rufen. Und das auch auf Kosten der eigenen Gesundheit. Bekannt für seinen exzessiven Lebensstil verstarb Maximilian Barck im Januar 2013 nach kurzer schwerer Krankheit.

Lothar Klünner, B. K. Tragelehn, Rolf Szymanski, Eberhard Häfner, Lothar Böhme, Klaus Zylla, Wolfgang Hilbig, Andrea Scholl, Martin Furtwängler, Serge Dimitroff Heike Stephan, Strawalde (Klaus Böttcher), Lothar Böhme und viele andere.

2013 - 2017

Mit dem Tod von Maximilian Barck im Januar 2013 hatte die „Herzattacke“ ihren wichtigsten Kopf verloren. Innerhalb der Gruppe aber war der Wille vorhanden, die Herausgabe der Literatur- und Kunstzeitschrift – wenn auch in reduzierter Quantität ̶ fortzusetzen. In der Nachfolge von Maximilian Barck wurden bis zum heutigen Tag von der Herausgebergruppe neun Ausgaben fertiggestellt. Im Januar 2018 folgt dann mit der Nr.100 eine Jubiläumsausgabe.